Mit Meike Gerber, Emanuel Kapfinger und Julian Volz.
Sich heute mit Hans-Jürgen Krahl auseinanderzusetzen, bedeutet die Annäherung an eine Person, um die sich viele Mythen ranken und deren Theorien dennoch zu großen Teilen vergessen wurden. Dabei gab es um 1968 wenige, die den Versuch einer „historisch angemessenen Vermittlung von Theorie und Praxis“ derart intensiv betrieben haben wie er.
Als einer der Theorieköpfe von ‘68 stellte er sich nicht nur entschieden gegen eine autoritäre Wende der Studierendenbewegung, sondern setzte ihr auch ein Modell antiautoritärer Emanzipation entgegen. Der Lieblingsschüler Adornos debattierte mit den Intellektuellen der sogenannten Frankfurter Schule auf Augenhöhe und arbeitete an einer eigenständigen Weiterentwicklung der Kritischen Theorie. Trotzdem – oder deswegen? – richteten sich nach Krahls frühem Tod mit 27 Jahren die verschiedensten Vorwürfe gegen ihn: eines repressiven Leninismus ebenso wie eines antiautoritären Spontaneismus; einer unredlichen Hinwendung der Kritischen Theorie zur Praxis ebenso wie eines praxisfernen Hegelianismus. Dies könnte erklären, warum sein Werk heute weitgehend ungelesen ist.
Die Referent*innen werden an dem Abend zunächst die Person Krahl und seine Rolle in der Studentenbewegung vorstellen und anschließend näher auf folgende Themen Krahls eingehen: sein Verhältnis zur Frauenbewegung, seine Klassenanalyse, die Vermittlung von Theorie und Praxis und seine Ideen zur revolutionären Organisation. Dabei werden sie auch Überlegungen anstellen, warum die Auseinandersetzung mit Krahl für die Linke heute wichtig und fruchtbar ist.
Meike Gerber, Emanuel Kapfinger und Julian Volz haben 2022 im mandelbaum Verlag den Sammelband „Für Hans-Jürgen Krahl. Beiträge zu seinem antiautoritären Marxismus“, herausgegeben, der erstmals in Buchform Zugänge zu Krahl aus aktuellen Diskussionen heraus eröffnet.
Offen ab 20 Uhr, Beginn: 20:30 Uhr