Zur Kritik der Polizei. Vortrag mit Hannes Kerger
„Härter durchgreifen!“ lautet die Parole, hinter der sich Angehörige des gesamten politischen Spektrums versammeln, wenn der Delinquent nur möglichst verkommen, verdorben und verächtlich ist. Dann fordern sie unisono die Wiederherstellung des Rechtsstaats, wo sie den Polizeistaat meinen. Die Lust an der Strafe konstituiert das zu bestrafende Verbrechen, und nicht umgekehrt. Sie verlangt nach der Polizei, nach Strafe und Vergeltung. Eine Kritik der Polizei ohne eine Kritik derer, die nach ihr rufen, kann man also getrost vergessen.
Dabei ist es keineswegs ein Zufall, dass bestimmte Formen der Devianz – des ‚abweichenden Verhaltens‘ – als kriminell etikettiert werden, und andere nicht. Diebstahl und Raub, Mord und Totschlag sind nämlich nicht an sich sündig, wie uns das beispielsweise die Zehn Gebote lehren mögen. Immer kommt es auf den Rahmen an: Wer einen Menschen bestiehlt ist ein Dieb. Wer hunderte Menschen bestiehlt führt ein mittelständisches Unternehmen. Und wer tausende bestiehlt ist too big to fail – und damit auch too big for jail.
Welche Rolle spielt dabei die Polizei? Die Polizei ist diejenige Institution, die die Verfolgung der Phänomene besorgt, die aus der Armut der Menschen und ihren Folgen erwachsen. Daneben unterbindet die Polizei auch den Protest, der sich gegen diese wachsende Armut richtet. Mehr und mehr durchbricht sie die porösen Grenzen, die ihr das Recht gesetzt haben mag. Sie kommt zudem in den Genuss von Sonderrechten, wie der 2017 novellierten Paragraphen 113 und 114 StGB, die den ‚Widerstand gegen‘ und ‚tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte‘ sanktionieren.
Bedeutet jedoch eine Kritik der Polizei notwendig eine Befürwortung der Entmonopolisierung der Gewalt – Faustrecht statt Tonfa; Vendetta statt juristischem Verfahren? Was heißt eigentlich ‚Kriminalität‘, und wie unterscheidet sich die blue collar von der white collar criminality? Und was macht die Polizei in dieser Gemengelage? Diesen und weiteren Fragen soll in diesem einführenden Vortrag und der anschließenden Diskussion nachgegangen werden.
Offen ab 20 Uhr, der Vortrag startet um 20:30 Uhr.