Am 5. Oktober fand im „Kafe Marat“, einem selbstverwalteten Zentrum in den Räumen des ehemaligen Tröpferlbades in München, ein Konzert statt. Im vergangenen Sommer sind 3 Genossinnen und Genossen bei der Räumung eines besetzten Hauses in München-Laim verhaftet worden und sie sitzen seitdem mit schweren Vorwürfen in Untersuchungshaft. Das Konzert wurde veranstaltet um Geld für Prozesskosten für die drei aufzutreiben. Im Laufe des Abends kam es zu Auseinandersetzungen zwischen einem Teil des Publikums auf der einen Seite, und anderen Gästen und Leuten vom Marat auf der anderen Seite. Wir, die verschiedenen im Marat aktiven Gruppen, wollen mit diesem Text unsere Sicht der Dinge darlegen, auch um Gerüchten vorzubeugen.
Schon relativ früh am Abend waren einige Gäste sehr betrunken, viele hatten sich über das Fremdalkverbot1 hinweggesetzt. Einige Besucher fielen uns von Anfang an als sehr agressiv auf.
Ein Gast trug einen Button mit der Aufschrift „U – ein Hakenkreuz statt dem S – A“. Die von uns, die zu diesem Zeitpunkt an der Tür waren beurteilten das als klare Verharmlosung des NS – Regimes. Sie forderten den Gast auf, diesen Button zu entfernen und den Abend über nicht wieder anzustecken, er willigte auch in beide Forderungen ein. Dabei wurde ihm der Sachverhalt erklärt, der Gast wurde dabei nicht, wie später behauptet, als „Nazi“ beschimpft. Etwa eine Stunde später fiel der gleiche Gast wieder auf, weil er sich den Button wieder angesteckt hatte. Er wurde nochmal darauf angesprochen, Leute von uns entfernten dann den Button. Diejenigen von uns, die mit diesem Gast sprachen, bemühten sich nicht zu aggresiv aufzutreten. Der besagte Gast bezeichnete seine Gegenüber als „Scheiss Antifa“, verkündete er „habe die Antifa schon immer gehasst!“ und fing an, Leute vom Kafe zu schubsen. Als Reaktion auf dieses Verhalten wurde dann von Kafe Leuten ein Hausverbot ausgesprochen. Im Nachhinein glauben wir, dass wir uns mit einem nachlässigerem Vorgehen bestimmte Trotzreaktionen erspart hätten. Inhaltlich stehen wir nach wir vor hinter der Kritik an dem Button.
Die Eskalation danach steht aber in unseren Augen in keinem Verhältnis zum Anlass: Kurze Zeit später kam der Gast, dem wir das Hausverbot erteilt hatten in Begleitung etwa eines Dutzends anderer Besucher wieder. Diese Gruppe viel uns als sehr betrunken und sehr aggressiv auf. Sie versuchten mit Gewalt, am Einlass vorbei ins Kafe zu stürmen und dabei den Gast mit dem Hausverbot mitzunehmen. Leute aus den Kafegruppen stellten sich dem entgegen, es kam zu Rangeleien und einzelne Gäste aus der genannten Gruppe schlugen nach Leuten vom Kafe. In dieser Situation war der Eingangsbereich zeitweilig komplett blockiert. Einige Besucher behaupteten, dass wir einer kompletten Gruppe Hausverbot erteilt hätten, das stimmt nicht. Die Situation entspannte sich nach etwa einer halben Stunde vorläufig. Etwas später versuchten erneut einige Besucher, das Kafe zu stürmen. Dabei wurden wieder andere Gäste und Leute vom Kafe angegriffen. Von den aggresiven Besuchern kamen homophobe und sexistische Beleidigungen wie „Antifa – Schwanzlutscher“, „Schwuchtel“ oder „Antifa-Schlampe“. Sie bezeichneten Antifas als Rassisten und skandierten „SS – SA – Antifa!“, einer aus dieser Gruppe bezeichnete sich selbst als „Adolf Hitler“ und drohte einem von uns an, ihn
aufzuschlitzen. Im Laufe der Auseinandersetzung wurden von der Terasse neben dem Eingang Flaschen in den Innenhof geworfen. Besucher aus dieser Gruppe riefen die Bullen, verlangten von diesen dass sie den gezahlten Einlass von uns zurückholen und forderten sie auf, das Kafe zu stürmen. Die Situation beruhigte sich, als die aggresiven Gäste ihre Versuche ins Kafe zu kommen aufgaben.
Das wir Angriffe auf uns und unsere Gäste nicht dulden versteht sich von selbst. Darüberhinaus halten wir es für widerlich Antifas mit Nazischlächtern gleichzusetzen, das wird auch nicht dadurch besser dass sich Leute aus der gleichen Gruppe absurderweise selbst als Nazis bezeichnen. Wir halten Alkohol für keine Entschuldigung, nicht für Angriffe auf uns, nicht für homophobe oder sexistische Beleidigungen und nicht dafür Antifas mit Nazis gleichzusetzen . Mit Bullen reden ist immer problematisch, zu versuchen sie gegen ein linkes Zentrum in Stellung zu bringen um so mehr. Darüber hinaus halten wir es für sehr peinlich.
Wir möchten nochmal klarstellen, dass der Grund für den ersten Rauswurf nicht der Button war, sondern das Verhalten dieses Gastes in der Auseinandersetzung darum. Vor allem aber steht das Verhalten eines aggresiven Teils des Publikums in keinem Verhältnis zu irgendeinem, durch uns gegebenen, Anlass. Wir halten das beschriebene Verhalten von Teilen des Publikums für absolut unsolidarisch, vor allem gegenüber den inhaftierten Hausbesetzern – wer Solikonzerte stört, macht es schwieriger welche zu veranstalten. Das Konzert konnte trotzdem stattfinden, und es wurde einiges Geld für die Antirepressionsarbeit eingenommen. Dafür möchten wir uns bei den Besucherinnen und Besuchern bedanken, und dafür dass sich viele in der ganzen Auseinandersetzung cool verhalten haben.
Das Kafe Marat ist unser Versuch, in München ein autonomes Zentrum zu unterhalten, in dem wir unsere Vorstellungen von Zusammenleben ein Stück weit in die Tat umsetzen. Als selbstorganisierter Freiraum soll es prinzipiell für alle offen sein. Aber um das Marat zu einem Ort zu machen, an dem siche alle wohl fühlen können, können wir bestimmte Ideologien und Verhaltensweisen nicht tolerieren. Dazu gehören Sexismus, Rassismus, Antisemitismus, Nationalismus …
Für Leute die das nicht checken wollen, für Leute die komplett gegen jede Form linker Politik sind ist das Marat der falsche Ort.
Kafe Marat

  1. im Marat wird kein mitgebrachter Alkohol geduldet, die Kafes bestreiten ihre Ausgaben praktisch nur aus dem Getränkeverkauf [zurück]